Know How Elektromotoren
Die richtige Auswahl eines Antriebs für ein Funktionsmodell ist eigentlich gar nicht so schwer. Aber die Angaben der Hersteller und Anbieter sind leider oftmals sehr verwirrend. Wir versuchen hier einmal, etwas Licht in das häufige Durcheinander der technischen Daten zu bringen. Bei einen Elektromotor sind vier Arbeitspunkte besonders interessant:
Po = Power Output | Mechanische Leistungsabgabe, gemessen in Watt [W], nicht zu verwechseln mit der Leistungsaufnahme, die ist hier nicht eingezeichnet |
EF = Efficiency | Wirkungsgrad in Prozent [%], ist das Verhältnis von Leistungsaufnahme zu Abgabe |
I = Strom | Stromaufnahme gemessen in Ampere [A] |
N = Drehzahl | Gemessen in [rpm] oder [U/min], also Umdrehungen pro Minute |
T = Drehmoment | Hier angegeben in [g-cm] Diese Einheit ist immer noch sehr gängig, deshalb wollen wir sie hier auch noch verwenden. 100g-cm entsprechen etwa 1 Ncm |
1. Leerlauf
Ganz links in der Grafik: Der Motor dreht ohne Last, das Drehmoment T ist Null, die Abgabeleistung Po ist Null , die Drehzahl N maximal, hier 6000 U/min. Beim Vergleich von Motoren gibt die Leerlaufdrehzahl einen ersten Anhaltspunkt, wie das Getriebe ausgelegt werden muß. Im Funktionsmodellbau bevorzugt man sog. Langsamläufer mit 5000 bis 6000 U/min. Das hat einfach praktische Gründe: Bei diesen niedrigen Drehzahlen ist der gesamte Antrieb leise, und man braucht keine so hohe Getriebeuntersetzung bzw. eine Getriebestufe weniger, was deutlich Kosten einspart.
2. Betrieb bei Nenndaten
In diesem Bereich arbeitet der Motor am effizientesten und hat den besten Wirkungsgrad, bei Bürstenmotoren meistens zwischen 65 und 75 %. Die Kurve kennzeichnet mehr einen Bereich und keinen festen Punkt, deshalb kann ein und derselbe Motor bei verschiedenen Anbietern durchaus mit leicht unterschiedlichen Nenndaten auftauchen. Zu der Nenndrehzahl gehört das Nenndrehmoment, hier ca. 400g-cm, Nennstromaufnahme und die Nennabgabeleistung. Mit diesen Daten kann der Motor im Dauerbetrieb laufen.
3. Betrieb bei maximaler Leistungsabgabe
Wird der Motor so belastet, das er nur noch die halbe Leerlaufdrehzahl schafft, ist die Leistungsabgabe maximal. Der Wirkungsgrad beträgt aber nur noch knapp unter 50%. Das heißt, bereits über die Hälfte der Eingangsleistung wird in Wärme umgesetzt und kommt nicht mehr an der Welle an. Die Stromaufnahme I ist ziemlich genau halb so groß wie bei blockiertem Motor. Der Antrieb sollte nur kurzzeitig so belastet werden, z.B. beim Anfahren oder auf Steigungen.
4. Blockiert
Wird die Welle vom Motor blockiert, fließt der maximal mögliche Strom und es entsteht das maximal mögliche Drehmoment an der Welle. Die gesamte Aufnahmeleistung wird jetzt allerdings in Wärme umgesetzt, die Abgabeleistung ist Null, denn es dreht sich ja nichts. In unserem Beispiel setzt der Motor 15A x 12V = 180 Watt um. Man stelle sich einfach mal eine 180 Watt Glühbirne vor. Wie lange kann man die nach dem Einschalten noch anfassen? Ein Motor verkraftet diese Situation nur wenige Sekunden (wenn überhaupt), dann wird die Wicklung durchbrennen. Trotzdem werden Blockierstrom und Blockierdrehmoment, oder womöglich sogar die Leistungsaufnahme in Prospekten gerne angegeben, weil diese Daten so beeindruckend hoch sind.
Fazit: Leistungsangaben
Beim Vergleich der technischen Daten verschiedener Motoren muß man sehr aufpassen. Solange bei Leistungsangaben nicht genau dabeisteht, ob es sich um Eingangs- oder Abgabeleistung, Nenn- oder maximale Leistung handelt, sind die Angaben praktisch wertlos. Beispiel: Für unseren Motor im GM32U360 beträgt die Nennabgabeleistung 12.8W, die max. Leistungsabgabe ist 27W, die Eingangsleistung dann bereits 60W und im Blockierfall ist die Eingangsleistung 120W, alles Angaben für ein und denselben Motor!
Fazit: Drehmomentangaben
Gleiches gilt für den Vergleich von Drehmomenten. Eine Drehmomentangabe ohne Angabe der dazugehörigen Drehzahl ist genauso nutzlos. Beispiel: Für unseren Motor im GM32U360 beträgt das Nenndrehmoment 250g-cm bei 5000 U/min, bei max. Leistungsabgabe sind es 900g-cm bei 3000 U/min und im Blockierfall 1800g-cm. Gibt nun ein Hersteller in seinen Unterlagen das Nenndrehmoment, ein anderer das Blockiermoment an, entsteht schnell ein völlig falscher Eindruck. Übrigens: beim Vergleich von Motoren wird oft mit dem Drehmoment argumentiert. Das ist wenig sinnvoll, wenn man nicht auch die Drehzahl betrachtet. Ein Motor mit doppelter Drehzahl und halben Drehmoment hat die gleiche Leistung - bei passender Getriebewahl würde bei beiden Motoren das gleiche an der Antriebsachse ankommen.
Andere Qualitätsmerkmale
Von einem gutem Truckmotor erwartet man auch ein gutes ruckarmes Anlaufverhalten und einen vibrationsarmen leisen Lauf. Motoren mit einem dreiteiligem Anker, niedriger Nenndrehzahl und starken Magneten sind in diesem Punkt nicht optimal. Das gilt übrigens auch für bürstenlose Motoren. Bei niedriger Nenndrehzahl sind fünf- (oder noch mehr-) teilige Anker besser. Das perfekte Anlaufverhalten haben Glockenankermotoren (z.B. von Faulhaber). Kein Vorteil ohne Nachteil: Diese Motoren laufen so leicht ohne jedes Rastmoment, das auch die Bremswirkung im Stand minimal ist. Damit sind diese Motoren für Truck-Trial im Gelände und Fahrten bergab weniger geeignet.
Welcher Motor für mein Modell?
Der Motor sollte im Modell idealerweise im Bereich der Nennleistung betrieben werden. Weder der Einsatz eines zu kleinen noch eines zu großen Motors macht Sinn, denn dann ist die Fahrzeit nicht optimal. Für ein normalschweres Modell im Maßstab 1:14 oder 1:16 ist ein Antrieb mit 10 bis 15W Nenn-Abgabeleistung ausreichend, z.B. unser Truckmotor TM72 oder der Unterflurgetriebeantrieb GM32U360. Für schwere Modelle wie z.B. mit Sand vollbeladene Kipper dürfen es aber schon mal 20W und mehr sein. Dann sind auch unbedingt höher untersetzte Achsen zu empfehlen, z.B. eine Kombination 3:1 oder 4:1 mit dem Unterflurgetriebeantrieb GM32U500. Für Radlader o.ä. wird oft ein Motor je Rad verwendet. Dann ist der RB35Pro69 die erste Wahl. Für 1:8 Modelle entspricht der GM42U1425 in seiner Leistung und Drehzahl fast exakt dem berühmten Dunker-Motor mit 2:1 Getriebe. Hier empfehlen sich Außenplanetengetriebeachsen mit 10:1 Untersetzung.
Welches Getriebe für mein Modell?
Auch Getriebe haben einen Wirkungsgrad, d.h. ein Teil der Motorleistung geht im Getriebe verloren. Am besten sind hier Planetengetriebe mit einem Wirkungsgrad von 70 bis 80%, gefolgt von Stirnradgetrieben mit 60 bis 70% und Schneckengetrieben mit teilweise nur 50%. Ein Planetengetriebe ist als grober Anhaltspunkt etwa doppelt so teuer wie ein gleich grosses und gleich untersetztes Stirnradgetriebe und kann dabei das dreifache Drehmoment übertragen. Wer ein Schneckengetriebe in seinem Antriebsstrang verwenden möchte, sollte das gut überlegen: Er braucht fast die doppelte Antriebsleistung. Schaltgetriebe sind üblicherweise Stirnradgetriebe, ob ihr Einsatz in einem Truckmodell sinnvoll ist, ist und bleibt auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Anders als Verbrennungsmotoren können Elektromotoren einen großen Drehzahlbereich mit hohem Drehmoment abdecken, ein Schaltgetriebe ist also nicht unverzichtbar.
Die häufigsten Probleme
Der häufigste Fehler bei der Getriebeauslegung dürfte die Wahl einer zu geringen Untersetzung sein. Leider werden auch viele Bausatzmodelle mit einer ungünstigen Auslegung verkauft. Auch ein Elektromotor muß “drehen” können, um in einen Bereich mit gutem Wirkungsgrad zu arbeiten. Und auch einen Elektromotor kann man “abwürgen” und ihn in die rechten Hälfte der Kennlinie (s.o.) zwingen, dann entsteht viel Wärme aber wenig Antriebsleistung. Das Modell erscheint dann kraftlos und erreicht seine Höchstgeschwindigkeit in der Ebene nur langsam. Es ist fast genauso, als würde man mit einem PKW im dritten Gang anfahren.
Ein anderer unangenehmer Effekt entsteht durch zu grosses Getriebespiel oder Klauenkupplungen im Schaltgetriebe. Lastwechsel an der Achse ausgelöst z.B. durch Unebenheiten in der Fahrbahn führen dann zu einem Ruckeln und Schaukeln des Modells, die auch der beste Fahrtregler nicht verhindern kann. In diesem Punkt sind nicht geschaltete Getriebe u.U. deutlich im Vorteil, denn sie arbeiten nahezu spielfrei.
Falsche Auslegungen erkennen
Zum Glück braucht man trotz der ganzen komplizierten technischen Motordaten in der Regel keine aufwendigen Messgeräte, um einem Problem auf die Spur zu kommen. Es reicht eine Probefahrt von vielleicht 10 Minuten und eine anschliessende Kontrolle: Was wird warm, was wird heiß?
- Motor wird heiß, Endgeschwindigkeit ist hoch und wird erst nach langer Beschleunigung erreicht.
-> Getriebe ist nicht ausreichend untersetzt, Motor kann trotzdem geeignet sein
- Motor bleibt kalt, Geschwindigkeit zu niedrig
-> Getriebeuntersetzung unnötig hoch
- Motor wird heiß, Beschleunigung schlecht
-> Getriebe ist nicht ausreichend untersetzt oder Motor zu klein und überfordert
- Akku wird mehr als handwarm, oder nach kurzer Fahrzeit stoppt der Regler
-> Mignonzellen? Dann ist der Akku überfordert. Getriebe höher untersetzen oder größere Zellen verwenden
- Motor wird handwarm, aber Regler heiß
-> wahrscheinlich eher ein Problem mit der Empfänger- und Servostromversorgung aus dem Regler
- Motor wird handwarm, Regler wird handwarm, Akku wird handwarm
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